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Channel: Hans-Jürg Keller - Blog » Russland
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Warten in Nauschki

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Zwischen Irkutsk und Ulaanbaatar fahren Liia und Tadeusz aus Gdansk mit mir im Abteil. Ihre dreiwöchige Hochzeitsreise führt sie nach Sibirien, die Mongolei und China. Liia hat die ersten Jahre ihrer Kindheit in Kasachstan verbracht und ist dann mit ihrer Mutter nach Polen gezogen. Wir unterhalten uns sehr gut, die beiden reisen auch gerne und empfehlen mir Georgien als nächstes Reiseziel, das Land sei traumhaft schön. Sie fahren meist Platzkarty, d.h. die Wagenklasse, in denen die Liegen wie in einem Massenlager angeordnet sind. Das sei sehr abwechslungsreich. Ok., mit einer Schulklasse 12-jähriger oder mit Männern, die nach zu viel Alkohol eine Schlägerei beginnen wollten, könne es auch anstrengend werden, aber das Wagenpersonal habe seine Passagiere immer gut im Griff und man erlebe einiges.

Nach 16 Stunden fahrt kommen wir um 14 Uhr in Nauschki, dem Grenzbahnhof auf russischer Seite an. Hier werden wir etwa fünf Stunden Wartezeit haben.
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Nur unser Wagen wird später in den mongolischen Grenzbahnhof gezogen und dort an einen Zug nach Ulan Bator angehängt werden. Er wird hin und her rangiert und steht schliesslich allein auf dem Gleis.
Gespräch mit einem mongolischen Soldaten in Uniform. Er hat sich für acht Jahre zum Militärdienst verpflichtet und besucht die Militärakademie im Moskau. Jetzt hatte er 14 Tage Urlaub und ist zurück nach Hause gefahren. Die meiste Zeit seines Urlaubs verbringt er also im Zug. Ich frage ihn, ob er General werde, wenn er so lange im Militär sei. Im Moment ist er Sergeant, bald werde er Chief-Sergeant und schliesslich dann Leutnant. Im August ist seine Zeit in Moskau dann vorbei, dann werde er in der Mongolei irgendwo an der Grenze Dienst leisten. Sein Bahnwagen steht ebenfalls etwas verloren auf einem Gleis, er wird dann an den Zug, der zurück nach Irkutsk fährt angehängt.
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Als der Zug nach Irkutsk losfährt, versinkt der Bahnhof Nauschki in einen flimmernden Halbschlaf. Die Sonne brennt ziemlich kräftig. Ein paar Güterwagen werden noch von einer tutenden Lok hin- und hergeschoben, die Putzequipe, zwei Frauen und ein Mann, putzt hier und dort etwas zusammen und leert die Papierkörbe. Zollbeamte und Polizistinnen gehen geschäftig von einem Bahnhofsgebäude zum anderen. Bahnarbeiter mit orangen Vestons schwitzen unter ihren Pelzmützen. Die Zugbegleiterin lehnt in Freizeitkleidung in der Wagentüre und füttert die Bahnhofshunde. Ein grosser Schwarm Tauben zieht ab und zu über dem Bahnhofsgelände seine Runden. Auf der einen Wartebank lesen und dösen Liia und Tadeusz, auf der anderen ich.
Gegen Abend dann Zollkontrolle, der Wagen wird über die Grenze gezogen, die mit zwei hohen Gittern, Wachtürmen und einem leeren Streifen zwischen den Gittern sehr gut geschützt ist. Am mongolischen Grenzbahnhof wieder Zollkontrollen und gegen neun Uhr abends fahren wir dann schliesslich weiter Richtung Ulaanbaatar (russisch Ulan Bator). Der Speisewagen ist in Russland geblieben. Meine beiden Reisegefährten teilen ihre Teigtaschen mit mir.


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